Engineering in der Industrie 4.0

Engineering in der Industrie 4.0

Im Engineering liegen erhebliche Zeit- und Kosteneinsparpotenziale – soweit sind sich alle Experten einig. Über den Weg zum mechatronischen Engineering sowie die Rolle von Elektroplanungstools und deren Funktionen in der Industrie 4.0 sprach das SPS-MAGAZIN mit Maximilian Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Eplan, und Dipl.-Ing. Dieter Pesch, Mitglied der Geschäftsführung bei Eplan Software & Service.
Unter dem Stichwort ‚House of Mechatronics‘ ist Eplan dabei, neue mechatronische Lösungen gemeinsam mit dem Schwesterunternehmen Cideon zu entwickeln. Zur SPS IPC Drives haben Sie die Strategie präsentiert – können Sie unseren Lesern etwas mehr darüber verraten?

Maximilian Brandl: Mit dem ‚House of Mechatronics‘ führen wir gemeinsam mit unserem Schwesterunternehmen Cideon unser Know-how in den Bereichen Elektro-CAD, Mechanik-CAD, Software und Prozessoptimierung zusammen. Eplan ist CAE-Spezialist in der Automatisierung – Cideon wiederum im Bereich Mechanik und zugleich der Entwicklung von Multi-CAD-Schnittstellen. So bündeln wir unser Know-how, um das Thema Mechatronik inhaltlich zu füllen. Schließlich werden der Stellenwert und die Bedeutung der Mechatronik im Maschinen- und Anlagenbau immer größer. ‚House of Mechatronics‘ ist ein ganzheitliches Lösungsportfolio. Wir unterstützen unsere Kunden bei der Einführung mechatronischer Prozesse im Engineering mit dem Ziel, dass die verschiedenen Disziplinen integriert zusammenarbeiten. Dazu muss eine gemeinsame Sicht auf die zu konstruierende Maschine geschaffen werden – also eine mechatronische Strukturierung der Maschine/Anlage, über die Systemgrenzen der disziplinspezifischen Softwarelösungen hinaus. Aus den daraus entstandenen Strukturen lässt sich dann die vielerorts gewünschte mechatronische Stückliste ableiten. Sie ist hilfreich, um eine eindeutige Teileplanung und -verwendung aus mechatronischer Sicht zu gewährleisten.

Eplan entwickelt Lösungen rund um das Thema Industrie 4.0. Das wird u.a. sichtbar in der Initiative ‚Smart Engineering and Production‘ von Eplan, Rittal und Phoenix Contact. Können Sie die Strategie erläutern?

Dieter Pesch: Das Thema ‚Smart Engineering and Production‘ war für uns ein Riesenerfolg. Die Ursprungsidee war, plastisch darzustellen, dass der digitale Artikel und das digitale Engineering extrem wichtig sind. Die Verbindung von Artikeln und dem Engineering-Projekt ergeben ein ‚Single Source of Truth‘-Konzept. Egal, ob ein Konstrukteur Ausbrüche erstellt, Klemmenleisten robotergesteuert vorgefertigt oder Kabel maschinell konfektioniert werden: Immer bildet der digitale Artikel, der entsprechende Eigenschaften der jeweiligen Komponente beinhaltet, die Grundlage. Ein weiteres Beispiel Richtung Industrie 4.0 haben wir auf der SPS IPC Drives gemeinsam mit Sick präsentiert. So lassen sich bereits im Engineering Einstellparameter beispielsweise für Sensoren im CAE-System vorbelegen. Während der Inbetriebnahme lassen sich diese Parameter aus der Eplan Dokumentation per OPC UA an das Fertigungsmodul übertragen. Die einmal korrekt eingestellten Parametersätze einer Anlage sind im CAE-System und der Maschinen begleitenden Dokumentation erfasst und lassen sich somit in den Engineering-Prozess zurückführen. Die dadurch mögliche Mehrfachverwendung einmal erfolgreich eingestellter Subsysteme (‚Klonen‘) sowie die Weiterentwicklung von ‚Documentation as built‘ zu ‚Documentation as built and setup‘ stellen hierbei Mehrwerte für Inbetriebnehmer und Anlagenbetreiber dar. Per OPC UA werden Einstellparameter während der Inbetriebnahme an eine Maschine übergeben. Weitere Nutzenaspekte sind die Unterstützung einer schnelleren Inbetriebnahme sowie neue Wartungsszenarien. Dieses kann für Aktoren, Sensoren als auch für die I/Os der SPS erfolgen. Das Eplan Data Portal bietet sich hierzu in Zukunft als tragende Säule zur Definition der in Industrie 4.0 notwendigen Gerätedaten der Automatisierungstechnik an.

Eplan ist einer der Projektpartner der SmartFactory KL – wie kam es zur Beteiligung?

Pesch: Trotz aller hochrangigen Partner war keine Engineering-Instanz vertreten. Der Ansatz des modularen Systems der Smart Factory ist, einzelne Bearbeitungsstationen aus- und auch wieder einkoppeln zu können – ohne Engineering-Aufwand. Eplan ist hier die zentrale Engineering-Instanz, die letztendlich im Betrieb über Visualisierung auch Maintenance-Konzepte unterstützt. Es geht um Projektdatensicherheit. Per OPC UA werden die Maschinendaten ausgetauscht. Unser Ansatz war zugleich die Überlegung, wie man statische Pläne dynamischer machen kann. Per Eplan View schaffen wir die Verbindung zwischen Steuerung und Hardware – für uns eine Basistechnologie in Richtung Predictive Maintenance.

Wie verstehen Sie Ihre Rolle in der SmartFactory?

Pesch: Wir stellen das Werkzeug im Bereich Engineering und dokumentieren in Eplan den Anlagenbetrieb. Insbesondere für Industrie 4.0-Konzepte wie Flexibilität bei Fertigung in Losgröße 1 und die Übermittlung von Prozessdaten über OPC UA-Protokoll bieten die Eplan Daten Potenziale: beispielsweise die Verknüpfung von Schaltplan und Prozessdaten zur Energieverbrauchs-Optimierung oder – wie bereits angesprochen – entsprechende Maintenance-Szenarien. Die Entwicklung geht natürlich weiter. Neben der Parametrisierung von Sensoren, wie an dem Beispiel mit der Firma Sick erläutert, loten wir aus, wie man z.B. im Rahmen der Instandhaltung online über mobile Endgeräte alle relevanten Steuerungsinformationen wie Schaltpläne und detaillierte Geräteinformationen nutzen kann. Die Analyse dieser Daten kann z.B. zu Vorhersagen über Ausfallwahrscheinlichkeiten führen und hat das Potenzial, in der Industrie 4.0-Produktion der Zukunft Stillstandzeiten zu minimieren.

Eplan ist im heimischen Markt sehr erfolgreich. Wie sieht die Stellung des Unternehmens im Ausland aus und welche Maßnahmen verfolgt Eplan, um auch im Ausland stärker zu wachsen?

Brandl: In Deutschland sind wir klar Marktführer und auch weltweit ist unsere Position mit knapp 30% Marktanteil sehr gut. Aber natürlich gibt es Luft nach oben – ganz besonders in den USA und Asien sehen wir große Potenziale. Aktuell verstärken wir nochmals unsere Präsenz in Asien. Mit der Gründung weiterer Tochtergesellschaften in China, Korea, Indien, Malaysia sowie Russland können wir unsere Aktivitäten in diesen Ländern noch gezielter steuern und unsere Internationalisierung weiter vorantreiben.

Eplan hat Anfang 2014 eine Tochtergesellschaft in Tokio gegründet – wie beurteilen Sie den japanischen Markt?

Brandl: Zugegeben – der Markt ist nicht ganz einfach, da er stark von lokalen Anbietern geprägt ist. Aber zugleich haben wir viele große Chancen genutzt – beispielsweise durch den Gewinn einiger internationaler Großkonzerne. Hier haben wir bereits einige hervorragende Referenzen, die uns als Türöffner in vielen Branchen – u.a. im Automotive-Sektor – dienen. Auch unsere enge Kooperation mit Mitsubishi Electrics hat uns den Einstieg in den Markt geebnet. Mittlerweile sind wir sehr zufrieden, sehen aber noch Wachstumspotenziale.

Wie sehr behindern nationale Normen und Standards die Internationalisierung?

Pesch: Normen und Standards haben uns früher behindert – mittlerweile bilden wir sie ab! Eplan Software ist in 17 Sprachen verfügbar und unterstützt alle wichtigen internationalen Normen. Somit ist die Frage der Normen für uns jetzt ein Pluspunkt in Benchmarks, da wir alle maßgeblichen Standards abbilden – beispielsweise die IEC, die amerikanische NFPA, die russische Gost, die chinesische GB und weitere.

Welche Neuheiten haben Sie auf der SPS IPC Drives vorgestellt?

Brandl: Unser Ziel ist es, die Digitalisierung voranzutreiben. Beispielsweise die Planung energieeffizient klimatisierter Schaltschränke gestaltet sich bis heute alles andere als einfach. Was für einen korrekten Montageaufbau der Komponenten oder eine gesichert adäquate Dimensionierung der erforderlichen Klimatisierungslösung vor allem fehlt, sind Informationen: angefangen bei den Verlustleistungen der verbauten Komponenten über die thermischen Mindestabstände und Lüftungssperrräume bis hin zur Verteilung der Verlustleistung im Schrank oder zur optimalen Positionierung von Komponenten im Lüftungsstrom des Klimagerätes. Mit ‚Thermal Design Integration‘ haben Eplan, Phoenix Contact und Rittal als Technologiepartner auf der SPS IPC Drives neue Möglichkeiten zur normenkonformen Planung energieeffizient klimatisierter Schaltschränke gezeigt. Mit diesem durchgängig virtuellen Engineering können Unternehmen Fehlplanungen bei der Klimatisierung sowie unnötige Ausfallzeiten und Serviceeinsätze vermeiden. (kbn) n


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