Lineartechnik

Lineartechnik

Lizenz für den Reinraum

In Rein- oder Reinsträumen der Halbleiterindustrie gelten strenge Vorschriften. Deshalb benötigen die dort eingesetzten Produkte entsprechende Zulassungen. Ausgelegt auf einen solchen Einsatz bilden spezielle Linearachsen das Kernstück des Reinraumroboters Scout Triax. Das selbstnavigierende Transportsystem mit Dreiachs-Handling wird zum Materialtransport in Halbleiterfabriken und anderen reinen Produktionsumgebungen eingesetzt.

Der Roboter auf Basis des Scitos G5 von MetraLabs navigiert autonom und benötigt keinerlei Führungssysteme auf dem Boden oder an der Decke. Über WLAN und eine grafische Benutzeroberfläche können neue Transportaufträge generiert und wichtige Statusinformationen wie der aktuelle Standort in der Fabrik angezeigt werden. Der Roboter ist reinraumtauglich bis zur Klasse ISO 3/US FED 1 und hat bereits über 5.000km Laufleistung absolviert.

Abmessungen: 580x2180x710mm

Greiferarbeitsraum: Höhen zwischen 830 und 1670mm

Spannungsversorgung: Lithium-Batterie

Gewicht: ca.70kg

Max. Traglast: 6kg

Geschwindigkeit: max.1,4m/s

Reinraumklasse: ISO Klasse 3/US FED class 1

Max. Einsatzdauer: 18h

Ladezeit: 5h

Die Automatisierung von Transport- und Handling-Aufgaben macht auch vor den Reinräumen der Halbleiterindustrie nicht Halt. Eine solche Automationslösung ist der Reinraum-Roboter Scout Triax der Firma Ortner aus Dresden. Er wurde für das autonome Handling in unterschiedlichen Greifhöhen bis 1,70m, speziell für den Transport und die Platzierung von Transportbehältern für Fotomasken zur Wafer-Belichtung konzipiert, sogenannten Reticle-Pods. Die Aufgabe des frei im Reinraum navigierenden Roboters ist es, die Pods vom Ladevorrichtung des Reticle-Stockers zu greifen, sie zum Scanner zu bringen und dort exakt auf dem dafür vorgesehenen Platz zu positionieren. Der Roboter nimmt den Operatoren damit nicht nur die Transportaufgabe, sondern auch das Material-Handling ab. Damit kann sich das Personal auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren, und die extrem teuren Lithografieanlagen – ein Reticle kann bis zu mehrere hunderttausend Euro kosten – können besser ausgelastet werden. Herz des autonomen Roboters ist ein System aus mehreren Linearachsen: Eine horizontale Zahnriemenachse mit einem Hub von rund 420mm trägt einen Greifer und bewegt ihn vor und zurück. Diese kurze Achse ist auf dem Schlitten einer vertikalen Lineareinheit mit Spindelantrieb montiert. Mit einem Vertikalhub von rund 750mm verfährt diese den Transportbehälter auf die jeweiligen Greifhöhen. Ein weiteres horizontales Spindelelement bildet, versteckt im Robotergehäuse, die Basis des Dreiachssystems. Sie gleicht minimale Ungenauigkeiten in der Fahrzeugpositionierung aus und sorgt so für absolute Präzision beim Handling-Vorgang.

Anforderungen an die eingesetzten Linearachsen

Für den Einsatz im Scout Triax müssen die verwendeten Lineareinheiten – speziell die sichtbaren Y- und Z-Achsen – verschiedene Anforderungen erfüllen. „Das Gesamtkonstrukt soll möglichst klein und leicht sein, damit es einfach zu bewegen ist. Zudem darf während der Fahrt des Roboters durch den Reinraum nichts über seine Außenkonturen hinausragen“, erklärt Dr. Karli Hantzschmann, Bereichsleiter Automation bei Ortner. Da es sich bei dem Roboter um ein batteriebetriebenes System handelt, müssen 48V-Motoren für den Achsantrieb genügen. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Sicherheit: Um Energie zu sparen, wird während der Fahrt durch den Reinraum die Spannung für die Achsbewegungen abgeschaltet. Dennoch müssen die Achsen die Last sicher in Position halten. Und nicht zuletzt gilt es für die Lineareinheiten, den geltenden Reinraumvorschriften – im vorliegenden Fall der ISO Klasse 3/US FED 1 – zu entsprechen. Ortner beauftragte Zacher Component mit der Entwicklung eines entsprechenden Achssystems für den Roboter. Das Radeberger Unternehmen ist unter anderem spezialisiert auf Konzeption und Produktion einbaufertiger Baugruppen für den Maschinenbau. Bei der Auslegung des Achssystems für den Roboter kooperierte Zacher mit RK Rose+Krieger. Für den Anbieter von Lineartechnik war die Anfrage von Ortner der Anstoß für die Konzeption reinraumtauglicher Lineareinheiten. Dazu wurden die Profil-Lineareinheiten der Serie RK Duoline in den Baugrößen 60 und 80 für den Reinraumeinsatz modifiziert. Das Ergebnis ist die neue Baureihe RK Duoline Clean, die spindel- und zahnriemengetriebene Lineareinheiten mit oder ohne Unterdruckanschluss umfasst. Insgesamt acht verschiedene Varianten wurden nach ISO14644-1 getestet und erhielten die Zertifizierung für Reinräume der weltweit gültigen Klassen 1 bis 5. Sämtliche dazu erforderlichen Tests zum Nachweis der Reinraumtauglichkeit wurden im Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart durchgeführt. RK Rose+Krieger bietet die neuen Reinraumachsen wahlweise mit Kugelgewindetrieb oder einem Zahnriemen aus Polyurethan an. Generell verfügen sämtliche neue Einheiten über ein Abdeckband aus Edelstahl.

Einsatz im autonomen Roboter

Im Roboter Scout Triax kommen sowohl die zahnriemengetriebene Version der Achse als auch die Variante mit Kugelgewindetrieb nahezu unverändert zum Einsatz: die Zahnriemenausführung in der horizontalen Achse und der Spindelantrieb in der vertikalen Einheit. Für den Einbau im autonom navigierenden Roboter kürzte RK Rose+Krieger lediglich den Schlitten der Horizontaleinheit um 10mm. So bleibt er samt Greifer innerhalb der Außenabmessungen des Roboters. „Die Art der Konstruktion des Achssystems im Roboter bringt eine ungünstige Lastverteilung mit sich. Es mussten daher kompakte Achsen gefunden werden, die gleichzeitig stabil genug sind, um die auftretenden Momente aufnehmen zu können“, erklärt Hantzschmann. Die maximalen Momente der gekapselten Achsen der Baugröße 60 werden bei der Bewegung der Last an das äußere Ende der Horizontalachse zu 80 bis 90 Prozent ausgereizt. Auch für den zuverlässigen Halt der Last während des Fahrbetriebs des Roboters fanden die Konstrukteure eine Lösung: Da der Kugelgewindetrieb in der Vertikalachse nicht selbsthemmend ist, sorgt eine Bremse im Antriebsstrang für den sicheren Halt. Aktuell sind bereits mehrere der frei navigierenden Roboter in Reinräumen unterwegs. Das Prinzip lässt sich auch auf ähnliche Anwendungen mit vergleichbaren Bewegungsmustern übertragen.


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