Plug&Play-Konzept reduziert Platz- und Zeitaufwand

Einsatz von Systemverkabelung an einer der längsten Hängebrücken der Welt

Plug&Play-Konzept reduziert Platz- und Zeitaufwand

Etwa 50km südöstlich von Istanbul wird im Golf von Izmit derzeit eine der längsten Hängebrücken der Welt gebaut. Systemverkabelung von Phoenix Contact sorgt dafür, dass die unzähligen I/O-Baugruppen der Steuerung fehlerfrei und schnell mit der Feldverdrahtung verbunden werden. Nur durch die erhebliche Verringerung der Installationszeit lässt sich der straffe Zeitplan einhalten.
Die Brücke von Izmit gehört zu den zahlreichen zukunftweisenden Infrastruktur-Projekten, die die Regierung im Rahmen der Vorbereitungen auf das 100-jährige Jubiläum der Republik Türkei im Jahr 2023 auf den Weg gebracht hat. Sie fungiert als zentrales Element der geplanten 420km langen Autobahnverbindung zwischen Istanbul und Izmir. Durch das Bauvorhaben soll die aktuelle Fahrzeit von 6,5 auf 3,5h reduziert werden. Dies u.a., weil die Kombination aus Autobahn und Brücke die gesamte Strecke um 140km verkürzt. Bei der Planung der Brücke mussten die Ingenieure ein besonderes Augenmerk auf ihren geografischen Standort legen, denn sie wird direkt an der Nordanatolischen Verwerfung errichtet. Da sich die Anatolische Platte zwischen der nordwärts driftenden Arabischen Platte und der Eurasischen Platte nach Westen verschiebt, entstehen an der Nordanatolischen Verwerfung Spannungen, die sich in lokal begrenzten, aber schweren Erdbeben entladen können. 1999 forderte das letzte Beben mit einer Stärke von mehr als 7,5 rund 18.000 Todesopfer. Daher ist die Brücke so konstruiert, dass sie den Erdstößen standhalten soll. Dazu wurden am Meeresboden armierte Betonfundamente gegossen, auf denen die Pylonen entkoppelt aufgestellt worden sind. Die hochaufragenden Bauteile stehen somit isoliert vom Untergrund und können bei einem Beben freistehend schwingen.

Auswertung von etwa 4.500 I/Os

Mit dem Bau der Brücke wurde die IHI Corporation beauftragt. Die japanische Unternehmensgruppe hat die verschiedenen Arbeitspakete, die zur Errichtung des Bauwerks umgesetzt werden müssen, an Subunternehmen vergeben. Die komplette Infrastruktur und Statik der Hängebrücke erfordert ein komplexes System aus Datenerfassung und Spannungsversorgung, um Gefahrensituationen zu vermeiden oder diese schnellstmöglich zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die notwendige Scada-Lösung (Supervisory Control and Data Acquisition) zur Überwachung und Steuerung der Prozesse sowie das Spannungsversorgungssystem der Brücke werden von der Siemens AG realisiert. Zu diesem Zweck wurde am nördlichen und südlichen Ende der Brücke jeweils ein Hauptversorgungsgebäude erstellt, in dem das Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetz untergebracht sind. Die unterschiedlichen Spannungsebenen betragen 33, 11 und 0,4kV. Von den Hauptversorgungsgebäuden zweigt je eine Mittelspannungsversorgung auf die Wartungsebenen der einzelnen Decksegmente an den Pylonen ab. Dort befindet sich eine weitere Trafostation, die die elektrische Spannung auf 0,4kV umwandelt. Die nördliche und südliche Teilanlage sind redundant miteinander verbunden, sodass ein Systemausfall verhindert wird. Bei ihnen handelt es sich um spezielle Container, in denen die einzelnen Schaltschränke untergebracht werden. In den Containern laufen auch die verschiedenen Signalleitungen zur Datenerfassung zusammen, denn um die Infrastruktur der Brücke intakt zu halten, ist die Struktur ständig zu überwachen. Deshalb werden Daten zu Schwingungen respektive den äußeren Umständen der Brücke sowie der Brandmeldeanlagen und Verkehrsüberwachung, die Zustände der elektrischen Systeme und die Feuchtigkeitsdaten innerhalb der Schaltschränke abgefragt. Darüber hinaus muss auf der Brücke stets die richtige Beleuchtung oder Signalgebung für den Straßen-, Flug- und Schiffsverkehr sichergestellt sein. In Summe verarbeitet das Scada-System die Daten von etwa 4.500 I/Os, die via Glasfaserleitung zur rund 15km entfernt gelegenen Leitwarte übertragen werden.

Rangierung von 40 Klemmpunkten auf einer Baubreite von nur 70mm

Die Signalauswertung in den Teilsystemen erfolgt über I/O-Baugruppen der Steuerungen S7-300/ET 200M. Zur Anbindung der Baugruppen verwendet Siemens die Systemverkabelungslösung von Phoenix Contact. Dies, weil dem örtlichen Schaltschrankbauer nur wenig Zeit für die Erstellung der Schaltschränke zur Verfügung steht (Bild 2). Mit der Produktfamilie VIP-Power Cabling lassen sich die einzelnen I/O-Baugruppen der S7-300-Steuerung durch ein Plug&Play-Konzept schnell und einfach über eine steckbare Reihenklemme verbinden. Die zeitaufwendige klassische Einzelader-Verdrahtung sowie ein funktionaler I/O-Test, der die korrekte Rangierung der Signale überprüft, können also entfallen. Der Vorteil der vorkonfektionierten VIP-Adapter liegt u.a. darin, dass sie nach dem Fertigungsprozess einer Hochspannungsprüfung unterzogen werden. Gleichzeitig wird die korrekte Verbindung der Adern zwischen Frontadapter und Reihenklemmen-Steckverbinder kontrolliert. Somit erhält der Anwender eine fehlerfreie und sichere Verbindung. In Kombination mit den steckbaren Push-in-Doppelstockklemmen lassen sich die 40 Klemmpunkte der Steuerung auf einer Baubreite von lediglich 70mm rangieren. Laut Projektmanager Alper Arifoglu hat die Verantwortlichen insbesondere die Platz- und Zeitersparnis überzeugt, die sich aus der Systemverkabelung in Kombination mit der Direktstecktechnik der Reihenklemme ergibt. Für einen großen Schaltschrank mit Rangierebene, wie er in dieser Applikation erforderlich ist, wird in der Regel ein Zeitaufwand von etwa zehn Arbeitstagen veranschlagt. Einen Arbeitstag benötigen die Mitarbeiter für die mechanische Bearbeitung des Schranks, während die restlichen neun Tage auf die elektrische Installation der Komponenten sowie den Field Acceptance Test (FAT) entfallen. „Aus der Erstellung der Schaltschränke resultierte anfangs ein echtes Zeitproblem“, so Alper Arifoglu. „Durch den Einsatz der Systemverkabelung hat unser Schaltschrankbauer den Installationsaufwand für die elektrischen Komponenten jedoch auf zwei Tage verkürzt, was uns bei der Einhaltung des Zeitplans unterstützt hat“.