Euromap 77 für Spritzgießmaschinen

Euromap 77 für Spritzgießmaschinen

Fundament für die Maschinenanbindung

Der neue Euromap 77 Standard bietet einen besseren Kommunikationsaustausch für weitere wichtige Euromap Standards auf dem Weg hin zu interaktiver Maschinenkommunikation in der Spritzgießindustrie.

 (Bild: Netstal-Maschinen AG)
(Bild: Netstal-Maschinen AG)

Manfred Hausmann arbeitet als Entwicklungsingenieur für den Spritzgießmaschinenhersteller Netstal-Maschinen in Näfels und setzt sich für den Euromap-77-Standard ein: „Der Standard ist deshalb so wichtig, weil man die Spritzgießmaschine mit einer einzigen Schnittstelle an verschiedene Machine Execution Systems (MES) anbinden kann – und zwar völlig anbieterunabhängig.“ Damit können Betreiber ihre neue Maschinen ohne aufwendiges Programmieren und Konfigurieren an ihre MES-Anwendungen anbinden. Die Schweizerische Netstal-Maschinen AG gehört zur KraussMaffei Gruppe und liefert seit 60 Jahren weltweit hochpräzise, schnell laufende Kunststoff-Spritzgießmaschinen mit Schließkräften von 800 bis 8000 kN aus. Hier kommen ausgefeilte Technik mit einem hohen Anspruch an einen zuverlässigen Datenaustausch zusammen. „Mit dem Euromap-77-Standard, der auf OPC UA basiert, haben wir die in die Jahre gekommene Euromap 63 auf ein modernes Fundament gestellt. Mittel- und langfristig erleichtern wir einander erheblich die Arbeit,“ schildert Hausmann. Weil sich OPC UA schon weltweit als Standard durchgesetzt hat und man mit dem Protokollstack eine sehr große Bandbreite an verschiedenen Geräten anbinden kann, fiel die Entscheidung, Euromap 77 auf OPC UA aufzusetzen.

Vielfältige Anforderungen

Die an der Ausarbeitung des Standards Beteiligten leisteten umfangreiche Vorarbeit. Der Standard sollte eine große Bandbreite an Kundenanforderungen abbilden und in enger Zusammenarbeit mit den Herstellern der verschiedenen Spritzgießmaschinensysteme entwickelt werden. Somit sollte auch sichergestellt werden, dass die Euromap Recommendation als Standard weltweit Akzeptanz erfahren kann, ein erklärtes Ziel von Dr. Harald Weber. Weber betreut als Leiter der Euromap-Technical Commission auch die Arbeitsgruppe Euromap 77.

Zusammenspiel muss greifen

Vorteile für die Spritzgießindustrie ergeben sich gerade im Zusammenspiel diverser Euromap-Standards: „Wir kommen zusammen mit den Euromap-Standards 77, 79, 83 und 84 dem Ziel mit großen Schritten näher, dass einzelne Maschinen auf weit höherem Niveau miteinander kommunizieren und sich bis zu einem gewissen Grad selbst koordinieren können, anstatt z.B. über einen Zentralcomputer gesteuert zu werden.“ „Viele Fehlerquellen können mit der Implementierung des Standards ausgeschaltet werden“, erläutert Hausmann. Er fügt hinzu, dass sich Plug-Fest sehr gut eignete, um die Kompatibilität der verschiedenen Client- und Server-Implementierungen zu testen und dabei die Euromap-Spezifikation zu bereinigen und wo nötig zu präzisieren – so wie sie die Arbeitsgruppe Euromap 77 mit ihrem zweiten Plug-Fest in Frankfurt durchgeführt hatte. Von einem erfolgreichen Plug-Fest bis zur umfassenden Fertigstellung der von der Euromap 77 geforderten Funktionalität, könne es jedoch gegebenenfalls noch ein weiter Weg sein. Da nun die Schnittstelle stimme, sei es jetzt wichtig, die Implementierung je nach Maschinenhersteller erfolgreich umzusetzen.

Zukünftige Kommunikationsstandards

Auch die Entwickler des OPC Router Plug-Ins für Euromap 77 waren mit den erarbeiteten Ergebnissen des zweiten Plugfestes in Frankfurt sehr zufrieden. Während des Workshops konnten nicht alle Bugs eliminiert werden, aber mittlerweile ist das Plug-in am Markt erhältlich. Bo Biene, der bei inray das Projekt betreut, ist davon überzeugt, dass sich der Standard schnell am Markt etablieren werde. Auch Biene sieht den Bedarf für die Vereinheitlichung und weitere Stellschrauben, um die Maschinen in den Werken noch effizienter steuern zu können. „Selbstverwaltende Automation ist die Zukunft. Wir wollen unseren Kunden in der Kunststoffbranche das Rüstzeug dazu geben“, sagt Biene.

Potential der Euromap 77

Fehler entstehen bei fragmentierten Datenübertragungswegen, weil menschliche ‚Brückenköpfe‘ zwischen Maschinen und MES – und eventuell daran angebundene ERP-Systeme – Daten manuell übertragen oder kopieren müssen. Diese Problematik lässt sich künftig in vielen Fällen vollständig beseitigen, weil Prozesse von A-Z datentechnisch und ohne Lücken im Kommunikationssystem durchstrukturiert werden können. Zusammen mit den anderen Stardards kann ein Fundament entstehen, das eine komplexe Datenverarbeitung ermöglicht und auf die andere Spezifikationen aufsetzen können, um die Herstellung von Kunststoffprodukten so präzise, nachvollziehbar und kontrollierbar zu machen wie es der Stand der Technik, die gültige Rechtsprechung und die Kunden der Spritzgießmaschinenhersteller verlangen. Beim zweiten Plugfest, das am 9. und 10. April 2018 stattfand, konnte man beobachten wie Mitarbeiter diverser Firmen, die am Markt zum Teil Konkurrenten sind, einträchtig und konstruktiv miteinander zusammenarbeiten, weil sie eine gemeinsame Vision eint, die die ganze Branche noch fitter macht. Industrie 4.0 ist für sie gelebte Gegenwart und Zukunftsvision in einem – und kein Buzzword. Es ist auch harte Arbeit, die nur mit großer Einsatzbereitschaft aller Beteiligten so erfolgreich die Standards von morgen festlegt. Die neuen EUROMAP Standards, die auf EUROMAP 77 basieren, haben das Potenzial, globale De-Facto-Standards zu werden. Und genau das wünscht sich die Branche. So sieht technischer Industrie 4.0-Fortschritt aus.


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