Neue Servoregler MR-J5 und MR-JET von Mitsubishi Electric

100 Produkte für TSN

Herr Dehnavi, die Servoregler der neuen Generation sind äußerst kompakte Geräte. Warum liegt hier ein so hoher Augenmerk?

Amir Dehnavi: Sucht man ausschließlich bei europäischen Anbietern, dann findet man solch kompakte Lösungen gar nicht. Man müsste dann bei sehr geringen Strömen oder kleinen Motoren immer Antriebe nehmen, die ein Stück weit überdimensioniert sind. Mitsubishi Electric bietet aber ganz explizit eigene Regler für diese Leistungsklasse. Auf dem japanischen Markt ist man mit diesem Ansatz auch nicht alleine.

Wie kommt das?

Dehnavi: Das ist wohl ein typisch japanisches Ding und historisch gesehen leicht nachzuvollziehen. Es liegt am Platz, den es in Japan fast überall zu wenig gibt – egal ob in Fabriken, Bürokomplexen oder Wohngebäuden. Nach Möglichkeit hat deshalb alles ein Level kleiner zu sein. Und so denken auch die Maschinenbauer in Japan schon immer ultrakompakt.

Doch auch viele europäische Anbieter versuchen sich längst durch geringe Abmessungen ihrer Antriebskomponenten vom Wettbewerb zu unterscheiden.

Dehnavi: Schon, aber wer besonders kompakt bauen will, muss Kompromisse eingehen. Anders geht es nicht. Ich habe das Gefühl, diese Einsicht kommt in Japan stärker zum Tragen. Nehmen wir das Beispiel der Anschlussklemmen am Regler. In Europa setzt man vor allem auf Federkraftklemmen, die ja auch tolle Vorteile bieten. Aber nicht bei der Größe. Wenn man viele davon in einem Regler verbauen will, braucht man auch viel Bauraum. Mit der Netzwerktechnik vom neuen MR-J5 gehen wir einen anderen Weg: Der Anwender kann den Regler über Pins flexibel integrieren. Je nachdem, wie viele er verdrahten muss, empfehlen sich vorkonfektionierte Kabel oder externe Klemmen. Ein Teil des Bauraums wird dann in einen Bereich außerhalb des Reglers verschoben. Solche strategischen Ansätze findet man bei den europäischen Anbietern noch selten.

Welche Highlights abseits der Größe bietet die neue Servogeneration?

Dehnavi: Hier ist als erstes TSN zu nennen. CC-Link IE TSN ist jetzt Standard bei allen neuen Automatisierungskomponenten von Mitsubishi Electric. Die komplette Kommunikation läuft nahtlos und reibungslos über einen Strang: von einfacher TCP/IP-Funktionalität bis zu sehr sensiblen Motion-Zyklen oder anspruchsvollen Safety-Signalen. Das bietet sich natürlich gerade bei wenig Bauraum an.

Was TSN angeht, ist CC-Link – im Vergleich zu den europäisch geprägten Protokollen – ja durchaus vorgeprescht.

Dehnavi: Man muss an dieser Stelle einen Blick zurück werfen: Schon mit der 1GBit-Kommunikation war CC-Link IE Field der Zeit voraus. Und Mitsubishi Electric war der erste Anbieter der diese Bandbreite konsequent in sein Portfolio integriert hat. Warum wir hier wieder voraus gehen, ist einfach zu beantworten: Je größer die Anlage, je höher die Funktionalität der Maschine, umso mehr Bandbreite und Performance benötigen die modernen Technologien, egal ob Analytics, Robotik oder Bildverarbeitung.

Die Eigenschaften von TSN lassen sich jedoch bislang nur in der Mitsubishi- bzw. CC-Link-Welt nutzen.

Dehnavi: Richtig. Wie großartig die sind, konnten wir bereits eindrucksvoll in verschiedenen Testaufbauten und Demonstratoren belegen. Es laufen parallel aber auch verschiedene Kooperationen, um TSN-basierte Protokolle künftig miteinander zu verbinden. OPC UA ist hier natürlich auch ein großes Thema. Stand heute ist CC-Link aber noch der einzige einsatzbereite TSN-Standard auf dem Markt.

Wie beantworten Sie die Forderung nach zunehmender Offenheit von Kommunikations- und Automatisierungslösungen?

Dehnavi: Mit einer Ethercat-Schnittstelle, die in all unseren Reglern seit der Generation MR-J4 verbaut ist. Die neue Melservo-Generation unterstützt erstmals beides: TSN und Ethercat. Komplett neu bei Mitsubishi Electric ist die Economy-Variante MR-JET. Sie zielt auf preissensible Anwendungen ab, dennoch bleiben Funktionsumfang und Leistungsdichte auf einem hohem Niveau.

Regler in einer Economy-Variante. Das klingt nicht sehr japanisch.

Dehnavi: Ehrlich gesagt kam dieser Wunsch auch mehr aus Europa und Amerika. Dort sind die Ansprüche an den Funktionsumfang bisweilen nicht so hoch, wie die an den Formfaktor oder die Leistung. So ist das Feedback, dass wir zu diesen Reglern bisher aus dem deutschen Markt bekommen haben, entsprechend gut.

Ethercat gilt als einziger ausländisch geprägter Busstandard, der auf dem japanischen Markt Fuß fassen konnte. Ist der Einsatz bei Mitsubishi Electric auch ein Beleg dafür?

Dehnavi: Ethercat ist in der Tat ein Unikum im japanischen Markt. Mittlerweile haben dort mehrere Automatisierer den Standard tief in ihre Produktstrategie implementiert. Somit hat sich eine interessante Möglichkeit ergeben, um die Systeme verschiedener asiatischer Hersteller miteinander zu verbinden. Zumindest, solange TSN noch nicht flächendeckend eingesetzt wird.

Wie schnell soll es denn mit TSN aus der japanischen Perspektive losgehen?

Dehnavi: Ich kann hier nur für Mitsubishi Electric sprechen: Wir legen mit TSN richtig los – speziell in der Motion-Welt. Anfangs noch mit Pilotanwendern und Early Adoptern, seit Februar aber im großen Stil. Warum? Es reden zwar alle von TSN, aber man sieht kaum Hardware. Doch genau danach fragt der Maschinenbau. Deswegen haben wir jetzt schon mehr als einhundert Automatisierungsprodukte für TSN im Portfolio.

Hat Mitsubishi Electric auch KI in die neue Servogeneration gepackt?

Dehnavi: Selbstverständlich. Neben adaptiven Filter und Machine-Learning-Strategien unserer KI Maisart bieten die Regler etwa neue Predictive Maintenance Features. Zum Monitoring von Reibung oder Vibration und Oszillation, das es schon im MR-J4 gab, wurden z.B. Überwachungsfunktionen für das Getriebespiel oder die Spannung von Förderbändern ergänzt. Dabei geben wir dem der Anwender alle Freiheiten an die Hand: Er kann selbst entsprechende Grenzwerte hinterlegen, oder der Algorithmus übernimmt das für ihn. In jedem Fall sollte er sich mit dem Thema auseinandersetzen. Denn smarte Algorithmen bieten sehr großes Potenzial, um die Downtime von Maschinen und Anlagen zu reduzieren. Speziell, wenn man als Maschinenbauer schon weiß, wo sich die entscheidenden Stellschrauben befinden.

Könnte die KI auch schon selbst solche Stellschrauben finden?

Dehnavi: Das wird sicherlich immer öfter passieren. Eine Herausforderung in der Servotechnik sind aber die schier unendlichen Möglichkeiten: Drehzahl, Moment, Getriebe, Spindel, Last, etc.: All diese Variablen sind jedes Mal unterschiedlich. Deswegen gibt es meist keine perfekt vorbereitete KI-Lösung, geschweige denn einen Königsweg. Umso wichtiger ist es, bereichsübergreifend zu prüfen, wo und wie welche smarten Algorithmen eingesetzt werden können. Dann findet man schon mal heraus, dass ein für die Satellitentechnik entwickelter Algorithmus auch vorzüglich zur Unterdrückung von Schwingungen in industriellen Anwendungen passt.

Dieses Beispiel unterstreicht ja wunderbar den Stand, den die Software heute in der Automatisierungstechnik einnimmt. Welche Rolle bleibt denn noch für die Hardware in der Servotechnik?

Dehnavi: Bei der Steuerungstechnik sieht man ja schon lange, in welche Richtung es geht. Auf eine physische SPS könnte man in den meisten Fälle verzichten – Rechenleistung findet sich meist auch an anderer Stelle. Leistungselektronik lässt sich hingegen nicht durch Software ersetzen. Hier braucht es immer qualitative Hardware. Aber smarte Firmware und KI-Features bringen natürlich auch die Servotechnik voran. Zur Verdeutlichung: Früher brachte ein typischer Regler von Mitsubishi Electric zehn bis 20 verschiedene Parameter mit. Heute sind es rund 400. Diese Vielfalt ließe sich ohne Softwareunterstützung selbst von uns als Anbieter kaum beherrschen – vom Anwender überhaupt nicht. Deshalb ist unsere KI-basierte Selbstparametrierung One Touch Tuning auch bereits in der zweiten Reglergeneration im Einsatz.

Geht dann bald nichts mehr ohne smarte Algorithmen in der Servotechnik?

Dehnavi: In Summe werden zwar immer mehr konkrete KI-Features für die Servotechnik praxisreif. Und das Angebot entwickelt sich schnell. Dennoch muss man berücksichtigen: Eine KI kann nur so gut sein, wie die darunterliegende Hardware und Leistungselektronik. Schließlich ist diese ja für die Genauigkeit und Aussagekraft der erfassten Datenbasis verantwortlich. (mby)


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