Digitaler Zwilling

Anlagen aus dem virtuellen Baukasten

Bild: ©Andrei Merkulov/stock.adobe.com

Maschinen oder Anlagen werden immer individueller und auf die Belange der Anwender zugeschnitten. Die Softwareentwicklung wird dabei immer mehr zum Bestandteil der Inbetriebnahmephase, da sich die zunehmende Komplexität der Anlagen nur noch durch Programmieren der Funktionalitäten an der realen Anlage beherrschen lässt. In der Fertigung dienen rund zwei Drittel der Steuerungssoftware (SPS-Programm) der Fehlererkennung und primären Fehlerreaktion. Diesen Teil zu prüfen, ist bislang erst möglich, wenn die Anlage in Betrieb genommen wird, da sich nur so die spezifischen Fehlerbilder provozieren lassen. Hinzu kommt, dass sich bestimmte Fehlersituationen in der Realität nicht herstellen lassen, etwa weil dadurch Gefahrensituationen entstehen können.

Virtuelle Inbetriebnahme

Diesen Herausforderungen begegnet die virtuelle Inbetriebnahme. Die Anlage steht bereits in einem frühen Engineering-Stadium digital zur Verfügung. Somit kann auch die Software-Entwicklung idealerweise schon während der Planung der Anlage starten. Die Entwicklungszeit wird verkürzt und Optimierungen (Abläufe, Mechanik, Sensorpositionen usw.) im Anlagendesign ermöglicht. Dieser Aspekt ist besonders im Hinblick auf enge Terminpläne und Projektverzögerungen ein Vorteil.

Verbesserte Performance

Die Systemtests lassen sich mit realen Feldbussen und in Steuerungsechtzeit durchführen. Durch Tests an der virtuellen Maschine, bei der immer wieder an unterschiedlichen Stellschrauben gedreht werden kann, können sich Softwarequalität sowie Anlagenperformance noch einmal verbessern. Stör- und Fehlerszenarios können simuliert werden. So lässt sich beispielsweise ein Sensor schnell versetzen oder ein fehlender hinzufügen. Am Rechner lassen sich zudem kritische Situationen simulieren, die in der Realität unmöglich sind. Mit dem Training an der virtuellen Maschine können sich die Bediener allerdings auf solche Situationen vorbereiten. Des Weiteren entfallen einige Bediener-Kurse nach der Inbetriebnahme – die Mitarbeiter können früher an der Maschine arbeiten.

Modularer Aufbau

Weitere Vorteile ergeben sich aus einem modularen Aufbau der Maschine. Erfahrungen zeigen, dass auch im Sonderanlagenbau 80 bis 90 Prozent einer Anlage aus Standardbaugruppen aufgebaut werden. Während der Inbetriebnahme der Anlage muss dabei vor allem die immer neue, auf den jeweiligen Anwender, zugeschnittene Kombination der Baugruppen getestet werden. Hinzu kommen anwenderspezifische Technologien im Sinne von Neuentwicklungen. Zu diesen Baugruppen gehören kinematische Einheiten, das Werkzeug- und Werkstück-Handling sowie die Werkzeuge selbst mit ihren jeweils spezifischen Merkmalen. Sind mehrere Konstrukteure, auch aus unterschiedlichen Disziplinen, mit der Entwicklung betraut, können sie die verschiedenen Baugruppen parallel bearbeiten. Sobald alle Baugruppen mechanisch, elektrisch und softwaretechnisch beschrieben sind, kann die Gesamtanlage konfiguriert werden. Der so entstehende modulare Aufbau der Anlage aus separat getesteten und freigegebenen Baugruppen hilft zudem, die Beschaffung zu optimieren.

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