Der Highspeed-Cobot

MRK oder Highspeed?

Ein Manko gängiger Cobots ist die Geschwindigkeit. Sie wird deutlich reduziert, damit der Roboter im direkten Umfeld des Menschen seinen Dienst verrichten kann. Verpackungsmaschinen gelten hingegen als Paradebeispiel für Highspeed-Anwendungen. Wie kam Schubert dann überhaupt auf die Idee mit dem Cobot? ‚Wir reduzieren den Cobot nicht auf die Kollaboration mit dem Werker“, erklärt Volker Haaf, der bei Schubert für das Cobot-Projekt verantwortlich ist. „Das wäre zu kurz gegriffen, denn aus unserer Sicht steckt viel mehr hinter dem Begriff.“ In der Tat werden die wenigsten Cobots heute ohne Schutzzaun und zur direkten Zusammenarbeit mit dem Menschen eingesetzt. „Das zentrale Merkmal für den Erfolg der Cobots ist ihre Einfachheit“, fährt Haaf fort. „Sie lassen sich schnell einrichten und an neue Aufgaben anpassen.“ Diese Eigenschaft sei in Zeiten von Losgröße 1 immer öfter die entscheidende und der Hauptaugenmerk beim Schubert-Cobot. Abseits davon soll er, wie in der Verpackungstechnik gefordert, sehr schnell sein. „Die Geschwindigkeit wird im Cobot-Markt bislang nicht adressiert“, so der Projektverantwortliche. „Nachdem wir dort unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal besetzen wollten, mit dem wir uns auskennen, lagen Pick-Prozesse mit Scara ja quasi auf der Hand.“ In der Folge soll der Pick&Place-Cobot von Schubert zwar nicht kollaborativ, aber durchaus kooperativ oder koexistent mit dem Mitarbeiter zusammenarbeiten. Kommt ein Mensch in die Nähe, verringert er seine Geschwindigkeit oder stoppt komplett. „Er passt sich der jeweiligen Situation an“, bringt es Haaf auf den Punkt. Umgekehrt soll er sich unkompliziert an neue Situationen bzw. Aufgaben anpassen lassen. Im Zweifel von derjenigen Person in der Produktion, die die jeweilige Aufgabe bisher selbst erledigt hat. „Das ist nur mit einem sehenden System möglich“, unterstreicht Haaf. „Deshalb ist die Kombination von Robotik und Vision ohne aufwändige Schnittstellen eine zentrale Voraussetzung.“

Der Griff in den Haufen

Die großen Endanwender der Verpackungsbranche interessieren sich durchaus für Cobots. „Ein marktgängiger Leichtbauroboter stellt für uns aber keinen Wettbewerb dar“, versichert Ralf Schubert. „Wir machen heute auf zwei Meter Maschinenlänge 800 Picks pro Minute – das ist mit gängigen Cobots undenkbar.“ Dennoch muss sich das Unternehmen dem Trend zu immer öfter wechselnden, immer kleineren Batches stellen. Deshalb schreibt Schubert dem Cobot die Rolle eines Technologieträgers zu. „Obwohl unsere Maschinen heute schon unglaublich flexibel sind, wird der Cobot für uns zu einem Schlüsselelement“, sagt der Geschäftsführer. Schließlich beschäftige man sich dabei nicht nur mit der neuesten Technik, sondern auch mit neuartigen Prozessen und Geschäftsmodellen, die künftig in der Branche mehr Gewicht erhalten. Ziel ist es, dass der Cobot durch die Kombination von KI und Vision ein dreidimensionales Bild in Echtzeit auswerten kann. Das würde ihn in die Lage versetzen, Produkte in Hochgeschwindigkeit zu vereinzeln oder zuzuführen – ohne dass diese sortiert angeliefert werden müssen. Sozusagen der Highspeed-Griff in die Kiste. Nur ohne Kiste. Denn bei Geschwindigkeiten, wie sie die Verpackungsbranche fordert, würden allein die erhöhten Ränder einer Kiste den Prozess zu langsam machen. Schubert spezialisiert den Cobot also eher auf einen „Griff in den Haufen“. Ursprünglicher Launch-Termin für diese Pick&Place-Lösung wäre die Interpack in diesem Jahr gewesen. Durch die Covid19-Pandemie verschiebt sich diese Premiere nun um fast ein Jahr. Ralf Schubert ringt der Situation aber auch etwas Positives ab: „Jetzt haben wir mehr Zeit bis zur Premiere und können den Cobot noch besser machen.“ Mittelfristig solle die Cobot-Familie zudem wachsen. „Wir haben viele Ideen und sehen großes Potenzial für weitere solche Lösungen.“

Nächster Halt: Digitaler Zwilling

Geht es um die Zukunft, ist das Projekt Cobot aber nur eine Station für den Maschinenbauer. Getrieben von steigender Komplexität, Losgröße 1 und flexibler Software sei der Trend zu immer größeren Anlagen aus einer Hand unverkennbar. „Wir ermöglichen heute nicht nur Aufrichten, Füllen und Verschließen in einem Aufwasch, sondern integrieren auf Wunsch noch viele weitere Prozessschritte in unsere Anlagen“, schildert Schubert die Situation. In der Folge nimmt der Programmieraufwand stark zu. „Es kann heute sein, dass Techniker mehrere Monate an einem Programm arbeiten.“ Geht es nach Ralf Schubert, soll sich das bald ändern. Die Lösung sieht der Unternehmer im digitalen Zwilling, konkret in der hauseigenen Software Titan, die 2023 vorgestellt werden soll. „Mit Titan wird jeder Mechaniker in 30 Minuten eine Verpackungsmaschine konfigurieren, programmieren und simulieren können“, blickt Schubert voraus. Durch die komplette Integration der Anlage benötige man statt SPS-Programmierer, Roboterspezialisten und Anwendungsexperten nur noch eine Person. „Die programmiert dann die gesamte Maschine und nicht nur eine Komponente – ein riesiger Unterschied und der Traum jedes unserer Kunden.“ Der integrierte Ansatz von Schubert und die hohe Wertschöpfungstiefe sollen also auch in Zukunft – mit und durch Titan – der USP des Maschinenbauers bleiben. (mby)

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