Wiederbeschaffungszeiten KI-basiert berechnen

Lieferungen landen nach Plan

Bild: Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH

Bei Liebherr-Aerospace arbeiten an den Standorten in Lindenberg und Friedrichshafen rund 5.000 Mitarbeiter. Das zum Liebherr-Konzern gehörende Unternehmen entwickelt, fertigt und betreut Luftmanagement-, Flugsteuerungs- und Betätigungssysteme, Fahrwerke sowie Getriebe und Elektronik. Optimierungsbedarf sah das Unternehmen bei der Planung seiner Wiederbeschaffungszeiten (WBZ) von Bauteilen für die rund 300.000 Artikel aus dem Angebotsspektrum. Die zuvor im ERP-System abgebildeten statischen Planungsdaten aus dem Materialstamm waren zu ungenau. „Die Schätzungen und die Ist-Werte für Lieferdauern sind bei uns – wie bei vielen anderen Unternehmen – nur selten identisch. Abweichungen zwischen kalkulierten und realen Zeiten führen zu einer niedrigen Maschinenauslastung, wenn die Materialien zu spät eintreffen“, erläutert Sebastian Ullmann, Leiter Organisation Produktionsplanung bei Liebherr-Aerospace Lindenberg. „Erfolgen die Lieferungen zu früh, hat das negative Auswirkungen, denn das verfügbare Kapital nimmt durch hohe Bestände ab. Wir wollten daher die Genauigkeit unserer Prozessplanung durch präzisere Prognosen der WBZ und der damit verbundenen Bestelltermine verbessern.“ Da das Unternehmen bereits in anderen Projekten mit dem Softwareanbieter Inform zusammengearbeitet hatte, sollte das Aachener IT-Haus auch bei diesem Problem unterstützen.

Bild: Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH

In Zusammenarbeit erstellt

Seit mehr als fünf Jahren betreibt Liebherr bereits die Produktionsplanungssoftware Felios. Zum Einsatz kommen Module für die Fertigungssteuerung, das strategische Engpassmanagement, die Schichtplanung, zur Kennzahlenerhebung und -visualisierung sowie für die Betriebs- und Maschinendatenerfassung. Jetzt ist das Modul für maschinelles Lernen hinzugekommen. Entwickelt wurde es unter Mitwirkung von Liebherr-Aerospace von Inform DataLab, einem eigenständigen Kompetenzbereich des Unternehmens mit dem Fokus auf Data Management, Data Analytics und Data Science. „Das Modul ist vollständig in Felios integriert“, sagt Jens Siebertz, Vice President bei Inform DataLab. „Mithilfe spezieller ML-Algorithmen kann nun auf Grundlage der vorhandenen Daten präzise vorhergesagt werden, wie lange die Lieferung eines benötigten Bauteils tatsächlich dauert.“ Durch eine Datenvalisierung hat sich gezeigt, dass die Differenz zwischen dem Planwert und dem Ist-Wert für das Lieferdatum bei fünf Tagen lag. Das mit Machine Learning errechnete Prognosedatum zeigte eine Abweichung von nur einem Tag. Anschließend erfolgte eine vierwöchige Datenvalidierung im Testbetrieb. Ausgewählt wurden Lieferanten, die große Mengen an Bauteilen regelmäßig liefern. „Wir waren mit der ML-Prognose der Wiederbeschaffungszeiten 19-mal genauer als mit der Prognose aus dem Artikelstamm“, so Ullmann.

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Frühwarnsystem

Abgebildet werden die Daten in einem Dashboard, das als Frühwarnsystem fungiert: Der Einkaufsleiter kann für einen definierten Zeitraum geplante Bestellungen mit Felios prüfen lassen. Zeigen sich in der Prognose der Lieferdaten zu hohe Abweichungen gegenüber den Werten aus dem ERP-System, kann er dem zuständigen Sachbearbeiter über das Dashboard automatisiert ein Dokument mit Informationen zu dieser Bestellung per E-Mail zusenden, damit er den Lieferanten kontaktiert, um den Bestellstatus zu überprüfen.

Technik als Unterstützung

„Bei aller Begeisterung für Technologie und Künstliche Intelligenz ist uns sehr bewusst, wie wichtig die humane Intelligenz bei Entscheidungen ist – und bleibt“, betont Ullmann. „Technik ist eine wertvolle Unterstützung in der Entscheidungsfindung, vollständig automatisieren kann man dies aber nicht in jedem Fall. Deshalb brauchen wir die Möglichkeit, die Prognosedaten flexibel nutzen und vor allem immer nachvollziehen zu können.“

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