Von der Hardware zum Service

Von der Hardware zum Service

Einstieg in
Predictive Maintenance

Viele Jahrzehnte stand die Hardware im Mittelpunkt der Industrie-Automation: Der intelligentere Controller, die schnellere Netzwerktechnik, der sparsamere Antrieb. Wie sich das Geschäftsmodell unter den Bedingungen von Industrie 4.0 wandelt und man künftig mit Services Geld verdienen kann, zeigt Lenze am Beispiel der vorausschauenden Wartung.

Auf dem Weg zur Smart Factory ist es nötig, alle entstehenden IT-Systeme, in denen die Daten vorgehalten werden, mit Schnittstellen zu versehen und zu integrierten. Ein zentraler Punkt sammelt alle Daten. (Bild: Lenze SE)
Auf dem Weg zur Smart Factory ist es nötig, alle entstehenden IT-Systeme, in denen die Daten vorgehalten werden, mit Schnittstellen zu versehen und zu integrierten. Ein zentraler Punkt sammelt alle Daten. (Bild: Lenze SE)
Die ‚vorhersagende Wartung‘, so die wörtliche Übersetzung, setzt wie das Condition Monitoring, also die zustandsorientierte Wartung, auf eine enge Überwachung von Anlagen, Maschinen und Komponenten. Bei beiden Konzepten werden Live-Daten in hoher Frequenz erhoben, um die ‚Gesundheit‘ der überwachten Technik zu erfassen. Das Condition Monitoring setzt dabei auf einfache Zusammenhänge: Hier wird Alarm ausgelöst, wenn zuvor festgelegte Grenzwerte über- oder unterschritten werden. Dann ist in der Regel eine sofortige Reaktion nötig. Beim Predictive Maintenance dagegen erfolgt eine Hochrechnung: Wann wird die festgelegte Grenze erreicht? Mit dieser Information lassen sich günstige Zeitfenster für Wartungen im Voraus planen, verschiedene Instandhaltungsmaßnahmen zusammenziehen und benötigte Ersatzteile und Betriebsstoffe rechtzeitig bereitstellen. Zahl und Dauer der Stillstände sinken, die Produktionsunterbrechungen können minimiert werden und die Produktivität steigt.

Die Automatisierungstechnik hat sich in den vergangenen Jahren stürmisch entwickelt. Leistungsfähigere Steuerungstechnik und Industrie-PCs konnten auf IP-gestützten Netzwerken mehr Sensordaten empfangen und verarbeiten und damit zusätzliche Automatisierungsaufgaben übernehmen. Der Software-Anteil an der Wertschöpfung im Maschinen- und Anlagenbau ist steil angestiegen, denn Mechanik wird -wo immer möglich- von Elektronik ersetzt. Inzwischen ist ein Punkt erreicht, an dem sich für viele die Frage stellt: Lohnen sich die Investitionen in Industrie 4.0? Kann man durch Produktivitätsgewinne tatsächlich die Kosten für modernere Vernetzung, mehr Sensorik, intelligente Steuerungen und Cloud-fähige Antriebe hereinholen und die OEE verbessern? Oft genug wird diese Rechnung angezweifelt – denn nach den bisherigen Maßstäben geht sie nicht auf.

Das Programm von logicline umfasst fünf Schritte, um Services wie Predictive Maintenance im Unternehmen aufzubauen. (Bild: Lenze SE)
Das Programm von logicline umfasst fünf Schritte, um Services wie Predictive Maintenance im Unternehmen aufzubauen. (Bild: Lenze SE)

Qualitätssprung

Tatsächlich aber geht es nun nicht mehr darum, hier und da ein bisschen Strom, ein bisschen Arbeitskraft einzusparen und dort einen kleinen Qualitätsfortschritt zu erzielen. Wenn OT und IT zusammenwachsen, ergibt sich ein qualitativer Sprung in der Entwicklung der Produktionstechnik, mit dem auch ein sprunghafter Anstieg in der Produktivität erzielt werden kann. Edgar Schüber, Managing Director bei der Lenze-Tochter logicline, weiß um die Unsicherheit bei diesem Thema: „Jeder spricht darüber. Aber kaum jemand weiß, was zu tun ist, um diese Vorteile zu realisieren. Denn Industrie 4.0 oder Predictive Maintenance gibt es nicht als Komponente zu kaufen.“ Seine Antwort lautet: der OEM bietet nicht die Hardware mit bestimmten Funktionen an, sondern den Produktivitätsfortschritt quasi als Produkt – lässt sich also vom Anlagenbetreiber letztlich für den Service bezahlen, der seinem Kunden trotzdem Geld spart.

Durch die Bestandsaufnahme der Maschine werden alle relevanten Komponenten mit Seriennummer, Gerätekennzeichnung, Einbaulagenfotos und Funktionsbereich in der Asset-Management-Software aufgenommen. (Bild: Lenze SE)
Durch die Bestandsaufnahme der Maschine werden alle relevanten Komponenten mit Seriennummer, Gerätekennzeichnung, Einbaulagenfotos und Funktionsbereich in der Asset-Management-Software aufgenommen. (Bild: Lenze SE)

Connectivity an erster Stelle

Für dieses Geschäftsmodell bedarf es allerdings einiger Voraussetzungen auf Seiten der Infrastruktur. Nimmt man alles zusammen, scheint die Aufgabe riesig zu sein: „Schaffen Sie eine intelligente Fabrik.“ Dies lässt sich jedoch auf einzelne Schritte herunterbrechen, die durchaus zu bewältigen sind. Eine der Grundlagen für die vorausschauende Wartung ist die durchgehende Vernetzung aller wesentlicher Komponenten – also der Start in das Zeitalter des Industrial Internet of Things (IIoT): Connectivity auf Basis von IP-Netzen in der Fertigung, Intelligenz vor Ort, die in der Lage ist, Daten vorzuverarbeiten und zu konsolidieren, kombiniert mit Cloud Services, in denen Daten langfristig gesammelt und mittels Big-Data-Methoden analysiert werden können. „Ein erster Nebeneffekt an dieser Stelle: Sie schaffen zugleich die Voraussetzung für Ferndiagnose und Remote-Services“, erläutert Schüber – damit sei bereits ein erster Schritt Richtung höherer Produktivität und besserer Services getan. Über die lückenlose Protokollierung der Maschinendaten wird zudem ein Benchmarking auch über Standorte hinweg möglich.