„Die Zeichen der Zeit deuten“

Liegt in einer zunehmenden Schnelllebigkeit nicht eine Gefahr für die Stabilität der europäischen Industrie?

Zangerl: Hier gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. Unterm Strich müssen Unternehmer immer wieder das passende Mittelmaß zwischen langfristiger Stabilität und dem Raum für neue Innovationen finden. Nur dann kann es gelingen, die Vorteile beider Welten zu verheiraten. Sich dem Trend von Industrie 4.0 hingegen komplett zu verschließen, wird niemand langfristig durchhalten. Gewisse Dinge im Markt entwickeln sich eben einfach. Und dann muss man mitmachen, ob man will oder nicht. Obwohl der Mittelstand normalerweise von Haus aus agil ist und schnell reagieren kann, sehe ich hier durchaus eine große Herausforderung.

Die nötige Flexibilität ist also eine zentrale Eigenschaft, um zukünftig im Wettbewerb bestehen zu können.

Zangerl: Richtig, aber es werden noch einige weitere Herausforderungen zu stemmen sein: Eine davon ist die Sicherheit, der sich niemand entziehen kann. Durch die zunehmende Vernetzung aller Komponenten und Maschinen werden die Systeme angreifbarer und verletzlicher. Die jüngsten Hacker-Angriffe – egal ob auf Fertigungsunternehmen, Energieversorger und Infrastrukturbetreiber – belegen das sehr eindrucksvoll. Sie sind ein Vorgeschmack auf die Schattenseiten neuer Technologien, mit denen sich die Industrie in den kommenden Jahren ebenfalls intensiv auseinandersetzen wird müssen.

Wiegen die Vorteile der Vernetzung die Risiken in der Praxis denn wirklich auf?

Zangerl: Stand heute mag das noch zu diskutieren sein, aber auch hier zeichnet die Consumer-Welt den Weg vor. Durch maßgeschneiderte Angebote, die auf die individuellen Nutzergewohnheiten der Anwender abgestimmt sind, wird auch in der Industrie echter Mehrwert entstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Condition Monitoring. Wenn sich über die erfassten Maschinendaten eine Zustandsbewertung realisieren lässt und frühzeitig Verschleiß oder Ausfälle erkennbar werden – dann steckt darin doch bedeutender Nutzen. Voraussetzung ist aber, dass sich riesige Datenmengen applikationsspezifisch und punktgenau auswerten lassen. Das geht wiederum nur automatisiert mit den richtigen Algorithmen.

Big Data, Analytics und Machine Learning sind für die meisten Maschinenbauer noch Neuland. Wie gehen Sie hier vor?

Zangerl: Wie man neue Themenfelder am besten besetzt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Als Mittelständler haben wir bei Bachmann zudem in der Regel viel mehr Ideen als Möglichkeiten: Wir können nicht auf allen Hochzeiten tanzen, versuchen es aber auf den richtigen zu tun. Im Bereich Condition Monitoring ist Bachmann dies u.a. durch die Akquisitionen von µ-Sen (Condition Monitoring Systeme) und Certec (Web Technologien, Visualisierung) ziemlich gut gelungen.

Das Beispiel Condition Monitoring zeigt gut, wie stark die Bedeutung der Software in der Automatisierung wächst. Kann man die Steuerungs-Hardware in Zukunft getrost vernachlässigen?

Zangerl: Die Verschiebung der Funktionalität zu Lasten der Hardware lässt sich nicht ausblenden. Die Geräte selbst bieten immer seltener Differenzierungsmerkmale per se, sind aber dennoch der Enabler um USPs auf Softwareseite zu schaffen. In der Folge muss die Hardware auch künftig noch genauso zuverlässig funktionieren wie bisher, doch insgesamt rückt sie zunehmend in den Hintergrund.

Die Industrie sieht also spannenden Zeiten des Wandels entgegen. Aber welcher Anteil davon findet überhaupt technologisch statt und in wie weit muss sich die Denke der Anwender verändern?

Zangerl: In den Köpfen muss auf jeden Fall einiges passieren, denn mit dem klassischen Verkauf von Hardware wird man in Zukunft nicht mehr all zu weit kommen. Längst gibt es hier einen generellen Trend hin zu Lösungen statt einzelner Komponenten. Darauf aufsetzend wird in Zukunft von Maschinenbauern vermehrt Hilfestellung in Form von Dienstleistung und Beratung eingefordert. Denn sie wollen sich in der Entwicklung auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Für die Automatisierung des Prozesses sind dann Partner gefragt, die die Steuerungstechnik in eine exakt passende Lösung gießen.


  • Strömungsmesser mit IO-Link

    EGE-Elektronik präsentiert ein neues Strömungsmesssystem mit abgesetzter Auswerteelektronik und IO-Link-Schnittstelle.


  • Deutsche Hersteller bereiten Smart Manufacturing vor

    Für dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit müssen deutsche Hersteller angesichts weiterhin drohender Rezession und hoher Energiekosten die nächste Stufe der Digitalisierung erreichen. Die Mehrheit der…


  • Die Maschine, die mich versteht

    Wer in der Industrie eine Maschine bedient, muss sich oft durch eine Vielzahl an Menüs und Bedienfeldern kämpfen. Die Folgen sind Zeitverlust…


  • NEONEX, Fabasoft Approve & KSB: „Win-win-win-Situation“ durch starke Partnerschaft

    Im Zuge einer Smart-Factory-Potenzialanalyse für ihren Kunden KSB identifizierte die Managementberatung NEONEX Opti mierungschancen bei der Beschaffung der Lieferantendokumentation sowie der Erstellung…